Wenige Wochen vor Beginn der FIFA Fußballweltmeisterschaft 2022 in Katar hält sich die wirtschaftliche Vorfreude in Europa auf das sportliche Großevent in Grenzen. Fußballvereine, Spieler und Fanlager riefen zum Boycott des Turniers in Katar auf. Die Weltmeisterschaft im Wüstenstaat droht zu einem Fiasko für all jene Unternehmen zu werden, die normalerweise stark von der Austragung solcher sportlichen Großveranstaltungen profitieren.
„Wir erwarten uns für die Industrie durch den Event keinen Aufschwung. Wir müssen das ganze sachlich betrachten“, sagt etwa der Direktor der Europäiscehn Bräu Vereinigung. „Eine Fußball Weltmeisterschaft verbinden die Fans mit Sommer, Sonne, Biergärten und Grillparties.“
Neben dem ungewöhnlichen Austragungszeitpunkt werfen vor allem die aktuellen weltpolitischen Ereignisse einen Schatten auf die Fußball WM. Die Auswirkungen der erhöhten Energiepreise, gestiegene Lebensmittelpreise, daraus resultierendes angepasstes Konsumerverhalten, die nach wie vor angespannte COVID 19 Lage sowie die nach wie vor nicht völlige Akzeptanz gegenüber dem Austragungsort Katar ermöglichen kaum eine Vorhersage, inwieweit das Fußballevent zu einem Winterfest werden könnte.
Dementsprechend reagiert der internationale Handel nach wie vor verhalten. Supermarktketten und Großhändler hoffen nach wie vor auf steigende Anfragen auf Getränke und Snacks, sind sich aber bewusst, dass der Absatz im Vergleich zu der Austragungszeit im Sommer und den dadurch ausbleibenden Grillfesten während der Spielzeiten vermutlich schwächer ausfallen wird.
Laut einem Sprecher der Supermarktkette Aldi plant man mit keiner speziellen Kampagne für die Fußball WM. „Man werde lediglich eine kleine Auflage an Artikeln mit Logos und Motiven zur WM anbieten.“
Fanmeilen und Public Viewing scheinen auf Grund der in Europa bereits kalten Temperaturen ebenso auszubleiben. Umfragen der internationalen Brauereien bestätigten diese Befürchtung bereits. Das zu diesem Zeitpunkt ebenfalls anlaufende Weihnachtsgeschäft mit Christkindlmärkten ist für viele internationale Großketten die Hauptsaison des Jahres. Ein sportliches Großereignis vor dem TV zu verbringen, anstatt in geselligem Beisamensein die Übertragungen in Restaurants oder Bars zu genießen ist ebenso schlechg für die Gastronomie. Allerdings schraubte auch dieser Bereich seine Erwartungen vor der Weltmeisterschaft in Katar deutlich zurück.
Gleichzeitig befürchtet der Tourismussektor deutlich spürbare Unterschiede in den Abläufen und Automatismen bei der Abfertigung der Besuchermassen in Katar selbst. Broadcaster wiederum sehen der Austragung gespannt und wohlwollend ins Auge. Das Motto lautet: jeder Zuseher, der daheim auf der Couch anstatt in einem Biergarten oder Pub die Spiele verfolgt, kann ohne Ablenkung TV Unterhaltung konsumieren.
Dies wirkt sich äußerst positiv auf den Marketing und Werbeanzeigen Markt aus, bestätigt der Managing Director des Deutschen ARD: „die Nachfrage ist steigend. Die Strahlkraft einer Weltmeisterschaft oder eines Live Turniers wirkt sich immer positiv auf Werbeschaltungen und das Marketing aus.“ Der geringe Zeitunterschied zwischen Katar und Europa ermöglicht eine Übertragung der meisten Spiele zur idealen Sendezeit. Experten gehen davon aus, dass die WM in Katar auf den Erfolgen der WM aus dem Jahre 2018 aufbauen können wird. Jedoch halten sich Großkonzerne mit dem aktiven Werben für diemFußballweltmeisterschaft nach wie vor zurück, aus Angst um ihre eigene Reputation. De Tatsache, dass einige Gastarbeiter bei der Errichtung der Stadien ums Leben kamen, sorgte und sorgt international für Aufruhr. Sponsoren sind sich dessen bewusst und versuchen abzuwägen, wie groß der Imageschaden auf den eigenen Konzern wäre, sollte man die WM unterstützen.
„Nachhaltigkeit ist zu einem der Hauptkriterien auf dem Kapitalmarkt geworden“ sagt ein Banker eines großen Deutschen Finanzinstituts. „Institutionelle Investoren wollen keine Bomben in ihrem Portfolio. Wenn sich Firmen und Unternehmen aktiv dafür entscheiden Events mit einer ökologischen und oder menschenrechtlichen Problematik zu unterstützen, laufen sie Gefahr ihre eigenen Bemühungen für mehr Nachhaltigkeit zu untergraben. Die Unterstützung eines fragwürdigen Großereignisses kann rasch das Image einer Marke beschädigen.“ Einige Unternehmen, wie etwa die ING Bank, Hauptsponsor des dänischen Nationalteams, kündigte bereits an das Event auf Grund der fraglichen Menschenrechtssituation im Land zu meiden.
Es wird für die Veranstalter der Winter WM bereits Herausforderung genug sein die ökologischen Auswirkungen, versursacht durch die WM in ein positives Licht zu rücken. Der offizielle Fanclub des DFB etwa konnte sein Lager nicht in Dubai aufschlagen, sondern musste sich, auf Grund zu geringer Hotelkapazität kanpp 500 Kilometer entfernt niederlassen. Die deutschen Fans sind gezwungen zu den Spielen mit dem Flugzeug anzureisen.
Fans als regelmäßige Fluggäste, ein wahrgewordener Traum für die Verantwortlichen bei Katar Airways. Für die 25 Jahre junge Fluglinie ist „die Fußballweltmeisterschaft im eigenen Land die Gelegenheit, sich als internationalen Hub neben Dubai zu positionieren“, sagt ein Sprecher def Fluglinie. Zu diesem Zweck wurde ein neuer Flughafen für umgerechnet knapp 11 Milliarden Euro gebaut. Am Flughafenareal fehlt es den Gästen an nichts: eine Schnellbahn verbindet die jeweiligen Terminals, ein Luxushotel wurde erst kürzlich errichtet und die Airline lockt Fluggäste mit bequemen Doppelbetten in der Business Class.
Katar Airways bietet Komplettpakete anlässlich der Fußballweltmeisterschaft an. Laut der Aussage eines Pressestatements soll der Verkauf dieser Pakete und die Nachfrage entsprechend hoch sein. Nach wie vor jedoch gibt es Tickets für Spiele von europäischen Nationalmannschaften. Ein Paket, in welchem Tickets für drei Gruppenspiele, inklusive Flug und 6 Nächte Aufenthalt in einem Premium Hotel enthalten sind kostet 10.114 Euro. Wollen sich Zuschauen mit der Kabine auf einem Kreuzfahrtschiff zufrieden geben, können sie die Spiele der Weltmeisterschaft zum Paketpreis von bereits 6.441 Euro genießen. In Anbetracht der Auswirkungen auf die Umwelt wohl die vernünftigste Entscheidung.
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