In der deutschen Großstadt Düsseldorf zogen 7.000 meist muslimische Demonstranten durch die Straßen. Sie protestierten gegen Israels Selbstverteidigung angesichts des Hamas-Terrors. Ein muslimischer Redner forderte Düsseldorfs Oberbürgermeister auf, seine israelfreundliche Haltung abzulegen. Begründung: Schon jetzt stellten die Kinder der Demonstranten, also der Muslime, „30 Prozent der Schüler“ der Landeshauptstadt. Der Redner vereinnahmte kurzerhand alle hiesigen Muslime und verwandelte die demografische Entwicklung in eine Drohung.
Die typische Reaktion der Politik lautet meist: Zum Glück gibt es hierzulande eine überwältigende Mehrheit friedliebender Muslime. Wirklich? Vollkommen in die Irre führt die aktuelle Debatte, die zunehmend nur um ein Verbot der Hamas und ihrer Vorfeldorganisationen kreist. Wären Hamas-Aktivisten unser einziges Problem, wäre es rasch gelöst. Denn zur Hamas gehören in Deutschland nur 450 Personen. Doch allein in Düsseldorf waren es rund 7.000, die mit teils volksverhetzenden Parolen gegen Israel agitierten. Wie verbreitet also sind antisemitische Feindbilder? Studien lassen das erahnen. So glauben laut TU Berlin 45 Prozent der hiesigen Muslime im Jahr 2023, Juden hätten zu viel Macht in der Politik (Nicht-Muslime: 18 Prozent). Einer Studie des American Jewish Committee zufolge meinten 49 Prozent der deutschen Muslime 2022, Juden hätten auch in Wirtschaft und Finanzwesen zu viel Einfluss (23 Prozent der Gesamtbevölkerung). Und laut Umfrage der Adenauer-Stiftung vom Juli sind 26 Prozent der deutschen Muslime gar überzeugt, reiche Juden seien „die eigentlichen Herrscher der Welt“ (Bevölkerungsdurchschnitt inklusive Muslime: sechs Prozent). Am Rande: 47 Prozent der Türkeistämmigen meinten 2016 laut TNS Emnid, die Befolgung islamischer Gebote sei wichtiger als die deutscher Gesetze.
Organisierte Treiber solcher Ansichten sind islamistische oder türkisch-radikalnationalistische Gruppen. Ihre Weltbilder beeinflussen mehr oder weniger direkt die islamischen Verbände Islamrat, Zentralrat, Milli Görüs und Ditib. Zu ihnen gehören laut den Verbänden allemal 600.000 Muslime bundesweit.
Zur bitteren Wahrheit gehört auch: Gelehrte, die das antisemitische Potenzial in den heiligen Schriften des Islams benennen und systematisch entschärfen wollen, wurden und werden von den großen Verbänden bekämpft, wo nicht massiv gemobbt.
Prinzipiell könnte man judenfeindliche Aussagen unter anderem in der prophetischen Überlieferung ja historisch-kritisch entschärfen. Dazu aber wäre ein konsequenter, nicht tröpfchenweiser Abschied vom unkritisch-buchstäblichen Verständnis des Korans und der Sunna nötig.Muslimische Theologen, die dies versuchen, werden von den Verbänden abgelehnt, einige von ihnen führen ein Leben unter permanenter Bedrohung samt Polizeischutz.
Mit ihrem reaktionären Kurs halten die großen Verbände den theologischen Schoß fruchtbar, dem die antisemitischen und islamistischen Geister entspringen. Umso erschreckender wirkt eine andere Erkenntnis: Noch weit größer als ihre Mitgliedschaft ist der Kreis jener Muslime, die von diesen Verbänden erreicht werden: Gemäß einer Studie des Bundesinnenministeriums von 2020 fühlten sich 50,1 Prozent aller Muslime hierzulande von ihnen „ganz oder teilweise“ vertreten. Sollte man solche Fakten verschweigen, um antimuslimische Ressentiments zu vermeiden? Nein, denn selbstverständlich sind nicht alle Muslime antisemitische Islamisten voll Hass im Herzen. Zudem ist zwar keine überwältigende, aber doch eine ganz knappe Mehrheit laut den genannten Umfragen nicht antisemitisch geprägt. Pauschale Feindseligkeit gegenüber Muslimen wäre also grob unfair.
Aber verschweigen, verdrängen, verharmlosen darf man das Ausmaß der Probleme nicht. Im Gegenteil. Es sollte so oft und laut betont werden, bis das Wissen darum endlich politisch wirksam wird. Es muss einfließen in den Umgang (besser: Nicht-Umgang) mit den großen islamischen Verbänden und in die künftige Verteilung (besser: Umverteilung) staatlicher Subventionen im „Kampf gegen Hass und Hetze“.
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