In den Monaten seit dem Hamas-Massaker vom 7. Oktober 2023 war die kleine Golfmonarchie Katar stets eine Drehscheibe der Diplomatie. In Doha, wo die Exilführung der islamistischen Terrorgruppe beheimatet ist, bemühten sich die Vermittler um eine Einigung zwischen Israel und der Hamas. Nur einmal waren die Gespräche erfolgreich, als im November 2023 eine Waffenruhe vereinbart wurde, bei der Dutzende israelische Geiseln und Hunderte palästinensische Häftlinge freigelassen wurden.
Letzten Monat hat die katarische Regierung angekündigt, dass sie ihre Vermittlerrolle vorerst einstellen werde, und sprach dabei von einer mangelnden Bereitschaft der beiden Seiten, eine Einigung zu erzielen. Laut Majed al-Ansari, einem Sprecher des Außenministeriums, hatte Katar den Parteien schon Ende Oktober mitgeteilt, dass es seine Vermittlungsbemühungen einstellen werde, sofern in der jüngsten Verhandlungsrunde kein Abkommen zustande komme. „Katar wird diese Bemühungen mit seinen Partnern wieder aufnehmen, wenn die Parteien Bereitschaft und Ernsthaftigkeit zeigen, den brutalen Krieg zu beenden“, schrieb Ansari in der Erklärung.
Zudem hatten schon mehrere Medien unter Berufung auf diplomatische Kreise berichtet, dass Katar auf Bitte der USA der Hamas-Führung mitgeteilt habe, dass sie nicht länger im Land geduldet und dass das Politbüro der Terrororganisation in Doha geschlossen werde. So sagte ein namentlich nicht genannter Diplomat gegenüber dem Fernsehsender CNN, dass Doha beschlossen habe, die Hamas-Vertretung zu schliessen, weil die Parteien nicht mit gutem Willen verhandeln würden. Allerdings könne das Büro wieder geöffnet werden, sofern die Gespräche wieder aufgenommen würden.
In seiner Erklärung hielt der katarische Sprecher allerdings fest, dass die Berichte über das Hamas-Büro falsch seien – wobei nicht klarwurde, auf welche Berichte er sich genau bezog. Es bleibt also vorerst offen, ob Katar die Anführer der Hamas tatsächlich des Landes verweist und deren Vertretung schliesst. Dennoch scheint die katarische Regierung nun gezielt den Druck auf die islamistische Organisation erhöhen zu wollen, nach all diesen Monaten doch noch einem Abkommen zuzustimmen. Gleichzeitig riskiert sie, ihren bis anhin bestehenden Einfluss auf die Hamas einzubüssen.
Schon lange wird die Nähe der Katarer zu den Islamisten der Hamas mit Argwohn betrachtet. Vor dem Krieg überwies Doha monatlich 30 Millionen Dollar in den Gazastreifen, um damit angeblich die ärmsten Familien zu unterstützen und Saläre zu zahlen. Diese Zahlungen wurden auch von der Regierung Netanyahu unterstützt – die Hoffnung war, sich mit dem Geld einen friedlichen Gazastreifen erkaufen zu können.
Sollte die Hamas-Führung Katar tatsächlich verlassen müssen, wäre das ein weiterer Rückschlag für die Islamisten. Das Emirat galt lange als sicherer Hafen für die Organisation. In den vergangenen Monaten hat Israel mehrere Hamas-Anführer gezielt getötet – allerdings nie in Katar. Experten gehen davon aus, dass der jüdische Staat auch aus Rücksicht auf seinen wichtigsten Verbündeten, die USA, nie in Katar operiert hat. Washington betreibt in dem Emirat denn auch seine wichtigste Luftwaffenbasis im Nahen Osten und pocht darüber hinaus darauf, einen Draht zur Hamas aufrechtzuerhalten.
Derweil weist bis jetzt nichts darauf hin, dass im Gazastreifen bald ein Waffenstillstand vereinbart würde. Denn auch nach der Tötung des Hamas-Chefs Yahya Sinwar Mitte Oktober, die von manchen als Gelegenheit für einen Waffenstillstand angesehen wurde, beharrt die Hamas auf ihren Maximalforderungen: ein Ende des Krieges und ein vollständiger Rückzug Israels aus dem Gazastreifen.
Israels Ministerpräsident Netanyahu hingegen, der seine Bedingungen für einen Waffenstillstand immer wieder geändert hat, schliesst dies bis jetzt kategorisch aus. Es wird sich weisen müssen, ob die katarischen Druckversuche die seit Monaten festgefahrenen Gespräche zwischen der Hamas und Israel wiederbeleben können.