Mehrere Jugendliche, 12, 13 und 14 Jahre alt, vergewaltigten am helllichten Tag ein 12-jähriges Mädchen in Frankreich. Mindestens einer von ihnen soll die Tat damit begründet haben, dass er sich habe rächen wollen: Das Mädchen, angeblich seine frühere Freundin, habe ihm verschwiegen, eine Jüdin zu sein. Die Gewalttat mit mutmaßlich antisemitischem Hintergrund ereignete sich bereits vergangenen Monat in einem Vorort von Paris. Doch erst jetzt wurden Details dazu bekannt. Die Zeitung „Le Parisien“ hatte unter Berufung auf Personen aus dem Umfeld der Ermittlungen darüber berichtet.
Das Mädchen soll sich mit seinem gegenwärtigen Freund in einem Park getroffen haben. Auf dem Heimweg, gegen 17 Uhr, sei es von zwei Jugendlichen angehalten worden, die es bedrängt und schließlich in ein verlassenes Gebäude gezerrt hätten. Dort sei ein dritter dazugekommen. Die Jungen hätten das Mädchen nicht nur geschlagen und mehrfach vergewaltigt. Die Peiniger sollen es auch bedroht und als „dreckige Jüdin“ beschimpft haben. Sie kündigten ausserdem an, die Fotos, die sie von ihrem Opfer gemacht hatten, in den sozialen Netzwerken zu verbreiten. Sie drohten dem Mädchen, es müsse damit rechnen, dass auch seiner Familie etwas angetan werde, wenn es der Polizei von dem Geschehenen erzähle. Zudem verlangten sie, dass das Mädchen ihnen am Folgetag 200 Euro bringe.
Die 12-Jährige erzählte noch am selben Abend ihren Eltern, was ihr widerfahren war. Diese brachten die Tochter zur Polizei und erstatteten Anzeige. Inzwischen hat eine medizinische Untersuchung festgestellt, dass das Mädchen tatsächlich vergewaltigt wurde. Die zuständige Staatsanwaltschaft bestätigte gegenüber Medien, dass zwei der Verdächtigen vorübergehend festgenommen worden seien. Der dritte sei wegen seines jungen Alters vorerst in einer Einrichtung für Jugendliche platziert worden.
Die Staatsanwaltschaft teilte mit, dass alle drei bei der Befragung zwar Bedauern gegenüber dem Opfer ausgedrückt, aber nichts zu ihrer Rolle bei der Tat gesagt hätten. „Le Parisien“ berichtet wieder mit Berufung auf Personen aus dem Umfeld der Ermittlungen, dass es sich bei einem der Jungen um einen früheren Freund des Mädchens handle. Auf seinem Telefon seien unter anderem Bilder von einer verbrannten Israel-Flagge gefunden worden. Ein zweiter Jugendlicher habe bei der Befragung zudem ausgesagt, er habe dem Opfer negative Äusserungen zu Palästina übelgenommen.
Darüber hinaus ist über die drei Verdächtigen bis jetzt wenig bekannt. Sie sollen aus Rueil-Malmaison stammen, einem anderen, ebenfalls westlich von Paris gelegenen Vorort. Weder Rueil-Malmaison noch Courbevoie gelten als besonders prekäre Wohngegenden. Das Quartier, in dem sich die Tat ereignet hat, befindet sich in unmittelbarer Nähe zum Geschäftsviertel „La Défense“.
Der schockierende Vorgang ist von Politikern verschiedener Lager sofort aufgegriffen worden. Sowohl Vertreter der Präsidentenpartei von Emmanuel Macron als auch Marine Le Pen gaben der Bewegung La France insoumise (LFI) eine Mitverantwortung an der Tat, weil diese den Antisemitismus in Frankreich negiere. LFI-Chef Jean-Luc Mélenchon beeilte sich allerdings schon am Mittwoch, die Tat zu verurteilen und als antisemitisch zu bezeichnen. Noch Anfang Juni hatte er behauptet, Antisemitismus sei ein marginales Phänomen in Frankreich. Anders sieht das Marine Le Pen, die auf der Plattform X schrieb, die „Stigmatisierung der Juden durch die extreme Linke“ sei eine Bedrohung für den Frieden.
Seit dem Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober vergangenen Jahres haben sich die antisemitischen Vorfälle in Frankreich vervielfacht. Im ersten Quartal dieses Jahres verzeichneten die Behörden eine Zunahme von 300 Prozent bei den gemeldeten Fällen im Vergleich zum gleichen Zeitraum 2023.
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