Das Demokratiefördergesetz, mit dem die deutsche Regierung mit Hilfe der Zivilgesellschaft gegen Extremismus vorgehen will, wurde nun im deutschen Parlament erstmals beraten. Bei der Debatte wurde deutlich, dass nicht alle Parteien, die die Regierung stellen, mit dem Gesetzentwurf zufrieden sind.
Das Gesetz wurde von den Ministerien für Familie und Inneres erarbeitet, wobei das erste von der Grünen-Ministerin Lisa Paus, das Innenressort von der Sozialdemokratin Nancy Faeser geleitet wird. Die liberale Partei FDP fordert nun noch Änderungen am Gesetzentwurf, da ihrer Meinung nach Organisationen finanziell unterstützt werden sollen, deren Programmatik durchaus fragwürdig ist. MENA Research Center hat darüber bereits berichtet: Unter anderem soll eine Organisation gefördert werden, deren Mitarbeiter und Programme zu einseitig Kritik an muslimfeindlichen Aktionen untersuchen, während sie radikale und extremistische Tendenzen innerhalb der islamischen Vereinigungen in Deutschland totschweigen. „Was nach dem Gesetz gefördert werden kann, muss klarer und restriktiver als bislang definiert werden“, sagte die innenpolitische Sprecherin der FDP, Lisa Teuteberg.
Gestärkt werden sollen laut Entwurf unter anderem überregionale Strukturen, die im Umgang „mit jeglicher Form von Extremismus und gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit sowie damit verbundenen Diskriminierungen“ beraten. Um diese langfristig abzusichern, fehlt bislang eine gesetzliche Grundlage. Explizit genannt werden Projekte „im Bereich der Demokratieförderung, Vielfaltgestaltung, Extremismusprävention und politischen Bildung“.
Die FDP ist der Meinung, dass die „Gestaltung gesellschaftlicher Vielfalt“ ein „diffuser und hochproblematischer Begriff“ sei, dessen Verantwortung nicht allen beim Staat liegen darf. Es sei nicht Aufgabe des Staates, legitime und verfassungsgemäße Meinungen über die Förderung entsprechender NGOs zu bekämpfen und Bürger etwa für eine Ablehnung des Genderns an den Pranger zu stellen. Der freiheitliche Rechtsstaat respektiere eine vorgefundene Vielfalt der Menschen, indem er Würde und Freiheitsrechte schütze. „Er hat gerade nicht den Anspruch, die Gesellschaft nach den Vorstellungen der Regierung zu gestalten. Vielfaltsgestaltung ist in einer freiheitlich-demokratischen Grundordnung weder Aufgabe der Regierung noch von ihr geförderter sogenannter NGOs.“
Zudem sehen es die Liberalen kritisch, dass keine explizite Extremismusklausel im Gesetz vorgesehen ist. „Gegen andere Antidemokraten zu sein, macht einen selbst noch nicht zum Demokraten“, sagte die Abgeordnete Teuteberg. Die eher wietläufige Formulierung das Gesetz diene der „Erhaltung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung“ und Zuwendungsempfänger müssten die Ziele des Grundgesetzes achten und fördern. Hier fordert dieFDP eine Konkretisierung. Es müsse gewährleistet sein, dass nur solche Akteure an geförderten Projekten beteiligt werden können, die die Ziele, Verfahren und Institutionen des Grundgesetzes achten und aktiv fördern.
Ein Demokratiefördergesetz war bereits in der großen Koalition zwischen der damaligen Familienministerin Franziska Giffey (SPD) und Innenminister Horst Seehofer (CSU) vereinbart worden, scheiterte aber aufgrund einer fehlenden Extremismusklausel an dem Veto der Partei von Angela Merkel.
Die Sozialdemokraten können die Forderung der Liberalen nicht nachvollziehen. „Der immer wieder vorgebrachte Generalverdacht gegen all jene, die unsere Demokratie vor Ort verteidigen, oft auch unter schwierigsten Bedingungen, macht mich ehrlich gesagt fassungslos“, hörte man aus der Bundestagsfraktion der SPD. „Das ist angesichts der gegenwärtigen Angriffe auf unsere Demokratie von Rechtsaußen regelrecht realitätsfern.“ Mit einer solchen Klausel müsste ein Träger „quasi alle seine Beschäftigten durchleuchten, das ist nicht realisierbar und würde in Persönlichkeitsrechte eingreifen“, so die für Innenpolitik verantwortliche Sprecherin.
Die ebenfalls an der Regierung beteiligten Grünen, die auch das Familienministerium kontrollieren, nutzen eine ähnliche Argumentation wie die SPD und verstehen die Kritik der Liberalen nicht. „Unsere Verfassung ist auf eine plurale Gesellschaft ausgerichtet – es ist Aufgabe aller, also auch des Staates, Pluralität und demnach Vielfalt zu gestalten. Das ist auch ein Beitrag zur Verwirklichung des demokratischen Prinzips der Gleichheit vor dem Recht.“
Bereits Ende letzten Jahres äußerte sich auch der FDP-Vorsitzende und Finanzminister Christian Lindner seine Bedenken beim Demokratiefördergesetz. Als Chef des Ministeriums, welches das Staatsbudget verwaltet und kontrolliert, sagte der Minister: „Das Bundesministerium der Finanzen stimmt dem Gesetzentwurf im Bewusstsein zu, dass die Fraktionen des Deutschen Bundestages im parlamentarischen Verfahren notwendige Änderungen vornehmen werden. Besondere Aufmerksamkeit in den parlamentarischen Beratungen bedarf dabei der Präzisierung der Voraussetzungen der Förderung.“
Erste Anzeichen, dass zumindest Teile der Bundesregierung kein klares Zeichen gegen extremistische und radikalisierende Tendenzen in ihrer Politik setzen würden, war die Ankündigung der Innenministerin, einen in ihrem Hause beratenden Expertenrat aufzulösen, der sich mit der Problematik des politischen Islamismus beschäftigte. Auch war bekannt geworden, dass die verantwortlichen Ministerien NGOs unterstützen würden, welche sich nicht klar von der extremistischen Muslimbruderschaft abgrenzen.
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