Neue Ermittlungen der Sicherheitsbehörden in Deutschland zeigen, dass der Iran im Ausland immer aggressiver agiert. Nun könnte die Bundesregierung reagieren. Die Schließung eines „Außenposten Teherans“ hängt wohl nur noch von der Innenministerin ab – und einem Gerichtsurteil.
Die Bundesregierung steht vor einem Verbot des Islamischen Zentrums Hamburg (IZH). Mit der Verfügung könnte die Koalition den Druck auf den laut westlichen Nachrichtendiensten im Ausland zunehmend aggressiv auftretenden Iran erhöhen. Das IZH mitsamt der Blauen Moschee ist nach Einschätzung des Bundesamtes für Verfassungsschutz neben der Botschaft die „wichtigste Vertretung des Iran in Deutschland und ein bedeutendes Propagandazentrum des Iran in Europa“. Ziel soll der weltweite Export der islamischen Revolution sein.
Neben dem IZH bereiten den Behörden auch die Aktivitäten des iranischen Geheimdienstes Mois und der Revolutionsgarden Sorge. Der Mois schrecke im Extremfall auch vor der Tötung von politischen Gegnern nicht zurück, glauben deutsche Sicherheitsexperten. Erst im Frühjahr diesen Jahres erhob der Generalbundesanwalt Anklage gegen einen Deutsch-Iraner, der vor einem halben Jahr an zwei versuchten Brandanschlägen auf jüdische Einrichtungen beteiligt gewesen sein soll. Laut dem GBA hat der Mann im Auftrag von „staatlichen iranischen Stellen agiert“.
Die Ermittler gehen davon aus, dass ein ehemaliger Funktionär der Rockergang Hells Angels, der sich 2021 nach Teheran abgesetzt hatte, die Anschlagsversuche beauftragt hatte. Der ehemalige Rockerboss, der als Drahtzieher fungierte, sei eng an die im Iran mächtige Revolutionsgarde angebunden, heißt es.
Ermittler haben mittlerweile rund 15 Verdächtige im Umfeld des Angeklagten im Visier, die sie einer pro-iranischen Zelle zurechnen. Die Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf bestätigte, dass dort ein Verfahren laufe. Dieses war demnach zuvor vom GBA an die Generalstaatsanwaltschaft abgegeben worden. Über Details des Ermittlungskomplexes könne man keine Auskunft geben, erklärte ein Sprecher.
Für die Opposition in Deutschland ist die Anklage gegen den Deutsch-Iraner ein erneuter Beweis für die terroristischen Aktivitäten der Revolutionsgarden. „Damit ist die Behauptung von Außenministerin Annalena Baerbock, dass die Terrorlistung der Revolutionsgarden rechtlich nicht möglich sei, endgültig unhaltbar geworden“, sagte Norbert Röttgen, außenpolitischer Sprecher der CDU. „Ich erwarte, dass Frau Baerbock jetzt endlich entsprechend handelt und sich eindeutig für eine Terrorlistung der Revolutionsgarden in der EU einsetzt.“ Die USA, Israel und Saudi-Arabien haben die Revolutionsgarden als Terrororganisation eingestuft. Die EU zögert, auch wenn Sanktionen gegen einzelne Mitglieder zuletzt verschärft wurden.
Im Streit um die Einstufung des Islamischen Zentrums Hamburg (IZH) als extremistische Organisation ist die mündliche Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht der Hansestadt vor zwei Wochen zu Ende gegangen. Mit einer Entscheidung des Gerichts ist nun im schriftlichen Verfahren Ende des Monats zu rechnen. Vor dem Hamburger Verwaltungsgericht klagt das IZH gegen die Einstufung des Landesamtes für Verfassungsschutz als Verdachtsfall. Das IZH weist den Vorwurf, man sei islamistisch und vom Iran gesteuert zurück. Der Hamburger Verfassungsschutz verweist auf iranische Dokumente, in denen der IZH-Leiter Mohammad Mofatteh, laut Verfassungsschutz selbst einst Mitglied der Iranischen Revolutionsgarde, als „geehrter Vertreter des Obersten Führers“ angesprochen wird.
Ein Vertreter des Verfassungsschutzes verlas vor dem Richter eine Erklärung des Bundesnachrichtendienstes, laut der Mofatteh 1991 „als wehrpflichtiger Offizier im Korps der Armee der iranischen Revolutionswächter“ gedient habe. Allerdings sei er in anderer Funktion in eine andere Behörde abgeordnet worden. Zudem seien Mofattehs öffentliche Lebensläufe bereinigt worden, „mit dem Ziel, ihn als unabhängigen islamischen Gelehrten ohne Verbindung zum iranischen System oder dessen Institutionen darzustellen“. In Teheran gebe es „kein religiöses und weltlich voneinander getrenntes Regime“. Ziel der islamischen Revolution nach iranischer Lesart sei ein weltweiter Gottesstaat. Das IZH versuche, über verschiedenste Vereine und Einrichtungen Einfluss zu nehmen, um im Sinne des Tehraner Regimes zu wirken. Zudem verwies er auf Angaben der Bundesregierung, „dass staatliche Gelder an das IZH fließen“.
Das deutsche Innenministerium wollte ein mögliches IZH-Verbot zuletzt nicht kommentieren. „Ansonsten“, so ein Sprecher, „bestünde die Gefahr, dass potenziell Betroffene ihr Verhalten danach ausrichten und dadurch die Wirksamkeit operativer behördlicher Maßnahmen beeinträchtigt oder diese vereitelt werden könnten“. Der Bundestag hatte im vergangenen November für die Prüfung des Verbotes gestimmt.
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