Heute morgen um 6 Uhr begannen mehr als 100 Polizeikräfte mit einem Großeinsatz im Islamischen Zentrum Hamburg (IZH) in der „Blauen Moschee“. Da, wo Hamburg am schönsten ist, da scheint es auch am weltoffensten. Mitten zwischen den prächtigen Villen an der Außenalster, Postanschrift Schöne Aussicht 36, steht eine der ältesten deutschen Moscheen. Prächtige Minarette und eine himmelblaue Kuppel, im Gebetsraum liegt der größte Rundteppich der Welt aus geschätzt 80 Millionen Knoten. Als ein „kleines Stück Orient im Herzen Hamburgs“ bejubeln dies die Tourismus-Websites. Ein Besuch sei unbedingt empfohlen. Zusätzlich wäre allerdings ein Warnhinweis angebracht.
Etwa, dass diese einst von iranischen Kaufleuten gebaute Moschee und ihr Trägerverein, das „Islamische Zentrum Hamburg“, kurz IZH, als der zentrale Außenposten Irans in Deutschland gelten. Als „eines ihrer wichtigsten Propagandazentren in Europa“ klassifizierte es die Bundesregierung schon 2018, und der in Teheran geborene Grünen-Vorsitzende Omid Nouripour nennt es das „wichtigste Spionagenest des Regimes in Deutschland“.
Zum anderen gehen die Sicherheitsbehörden dem Verdacht nach, dass das IZH die in Deutschland verbotenen Aktivitäten der libanesischen Terrororganisation Hisbollah unterstützt, die sich derzeit in den Krieg zwischen Israel und der islamistischen Terrormiliz Hamas einmischt. Bei den weiteren durchsuchten Vereinigungen besteht der Verdacht, dass sie Teilorganisationen des IZH sind. Insgesamt wurden 54 Objekte in Hamburg, Niedersachsen, Hessen, Baden-Württemberg, Bayern, Berlin und Nordrhein-Westfalen durchsucht. Allein in Hamburg wurden laut Innenbehörde 31 Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschlüsse vollstreckt. Insgesamt waren rund 300 Einsatzkräfte beteiligt.
„Die bundesweiten Razzien mit Schwerpunkt in Hamburg sind ein harter Schlag gegen das IZH, dessen Zeit erkennbar abgelaufen ist“, sagte Innensenator Andy Grote (SPD). „Je schneller das IZH nun als Ganzes aus Hamburg verschwindet, umso besser. Mit dem heutigen Tag sind wir dem ein ganzes Stück näher.“ Er sei sehr froh, dass das Bundesinnenministerium das Verbotsverfahren sehr zielstrebig betreibe und gehe davon aus, dass das IZH zeitnah geschlossen werde.
Federführend bei der Aktion ist das Bundesinnenministerium (BMI) in Berlin, das gegen das IZH und fünf weitere Vereinigungen „ein vereinsrechtliches Ermittlungsverfahren“ führt. Es bestehe zum einen der Verdacht, dass sich das IZH gegen die verfassungsmäßige Ordnung und gegen den Gedanken der Völkerverständigung richtet und daher verboten werden soll. Hamburgs Politik fordert seit langem eine Schließung, diese müsste laut Innenbehörde aber vom Bundesinnenministerium veranlasst werden. Und dieses Verfahren scheint nun endlich ins Rollen zu kommen.
„Gerade jetzt, in einer Zeit, in der sich viele Jüdinnen und Juden besonders bedroht fühlen, gilt: Wir dulden generell keine islamistische Propaganda und keine antisemitische und israelfeindliche Hetze“, sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) zu der Razzia. „Die Verdachtsmomente gegen das ‚Islamische Zentrum Hamburg‘ wiegen schwer. Es wird seit langem vom Bundesamt für Verfassungsschutz beobachtet und als islamistisch eingestuft.“
Ein Verbot des IZH steht nun wohl kurz bevor, man muss sich nur die Liste derjenigen anschauen, die dies gerade erst im Bundestag forderten: Friedrich Merz gehört ebenso dazu wie der FDP-Fraktionsvorsitzende Christian Dürr. Und auch Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher hat erklären lassen, dass er ebenfalls sehr dafür sei. Nur hat das für den Erlass solcher Verbote zuständige Bundesinnenministerium gerade viel zu tun, erst einmal ist jetzt die Hamas dran. Schließlich ist die Liste derjenigen, denen man zu lange zu viel durchgehen ließ, lang.
Leider waren es erst die Massaker in Israel, die nun wohl das Ende des IZH zur Folge haben. Die Frage bleibt, warum alle Warnungen und Forderungen so lange unerhört bleiben konnten.
Einmal war es der religiöse Dialog, dann kam außenpolitische Rücksichtnahme hinzu. Immer fand sich ein Grund, den iranischen Außenposten unangetastet zu lassen. In Hamburg setzte man auf den Religionsdialog, in Berlin ging es um Großes: Iran daran zu hindern, sein Atomprogramm wiederaufzunehmen, und immer wieder darum, unter Vorwand inhaftierte deutsche Staatsbürger aus dem Gefängnis zu bekommen. Die ersten Berichte über das IZH schrieb der Hamburger Verfassungsschutz 1994, in seinem ersten Verfassungsschutzbericht. Ein einfaches Blättern beim Moschee-Besuch zeigte auch schon viel. Ganz offen lagen da Pamphlete, wie die „Familie im Islam“. Homosexualität und Ehebruch seien „Krankheiten der Moderne“. Im Kapitel „Gehorsam oder Sklaverei“ heißt es, die Frau dürfe keinesfalls vergessen, den Mann vor dem Verlassen des Hauses um Erlaubnis zu fragen.
Zu den jährlich stattfindenden „Al-Quds“-Demonstrationen in Berlin, bei denen die Vernichtung Israels gefordert wird, machten sich Busse aus Hamburg auf den Weg. Das IZH soll Fahrten geplant und bezahlt haben – 2012 angeblich für insgesamt 90 Teilnehmer. Das war das Jahr, in dem das IZH ins Hamburger Rathaus einzog. Die CDU-Regierung hatte mit den Islam-Verbänden als erstes Bundesland einen Staatsvertrag verhandelt, es ging auch darum, den Religionsunterricht mitzuorganisieren. Einer der Partner war die „Schura“ und deren Mitglied wiederum das IZH. Der neue Erste Bürgermeister, sein Name war Olaf Scholz, unterschrieb das Papier. Später trat das IZH aus Schura aus und kam so seinem Rausschmiss zuvor. Kurz danach wiesen die Hamburger Behörden den stellvertretenden IZH-Leiter aus. Grund war dessen Nähe zur Terrororganisation Hisbollah, die eng mit dem Mullah-Regime verbündet ist. Nachdem der Mann vor dem Oberverwaltungsgericht mit einer Beschwerde gescheitert war, verließ er Deutschland in Richtung Iran. Er darf nicht wieder einreisen.
Das Bundesinnenministerium muss nun die zahlreichen Computer, Handys, Datenträger und Unterlagen auswerten lassen, die bei der bundesweiten Razzia beschlagnahmt wurden. Und dann entscheiden, ob die Belege reichen, um die Blaue Moschee an der Außenalster zu schließen.
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