An der Rolle Polens im Irak nach dem Irak Konflikt lassen sich Einblicke in die Geopolitik internationaler Interventionen entnehmen, wo sich Machtpolitik mit echten humanitären Bestrebungen und demokratischer Konsolidierung überschneiden. Als einer der Hauptakteure der multinationalen Streitkräfte im Irak trug das Engagement Polens maßgeblich zur Förderung der demokratischen Regierungsführung und des Staatsaufbaus im Irak bei, einem Land, das nach Jahrzehnten diktatorischer Herrschaft und Konflikten am Boden lag. Ergänzend zu diesem militärischen Einsatz mit vor Ort eingesetzten Schutztruppen, unterstreicht Polen durch Entwicklungshilfe und humanitärer Hilfe sein konstruktives Engagement am Wiederaufbau des Irak. Eine weitere Ebene der Komplexität dieser geopolitischen Dynamik ist Polens differenziertes Eintreten für die Minderheiten im Irak.
Nationen spielen oft eine Schlüsselrolle bei der Gestaltung der Zukunft anderer. Polens intensive Beteiligung an der Demokratisierung des Irak ist ein solches Beispiel. Als aktiver Teilnehmer am weltweiten Engagement für den Wandel im Irak hat Polens strategische militärische und politische Unterstützung den Weg des Landes im Nahen Osten zur Demokratie geprägt.
Als Mitglied der Multi – National Force – Iraq (MNF-I) leistete das Land umfangreiche militärische Unterstützung und förderte gleichzeitig die Grundsätze der demokratischen Staatsführung, womit es sein Engagement für die Umwandlung des Irak in eine demokratische Nation unter Beweis stellte. Von 2003 bis 2008 befehligte Polen eine multinationale Division der MNF – I im Zentral – und Südirak, in welcher Truppen aus über 20 Ländern eingegliedert waren. Unter polnischer Führung sorgten diese Schutztruppen für Sicherheit und erleichterten die Wiederherstellung der lokalen Regierungsführung, des Justizsystems und der Grundversorgung, einschließlich des Gesundheits – und Bildungswesens. Polen trug auch maßgeblich zur Ausbildung der neuen irakischen Sicherheitskräfte, als auch zur Entwicklung einer fähigen und professionellen militärischen Infrastruktur bei. So arbeiteten die polnischen Militärausbildungsteams eng mit ihren irakischen Kollegen zusammen und tauschten wertvolle Erfahrungen aus, die Polen während des Übergangs von einem sozialistischen zu einem demokratischen System gesammelt hatte.
Darüber hinaus konzentrierte sich Polen auf die Stärkung der irakischen Zivilgesellschaft, einem wesentlichen Bestandteil jeder funktionierenden Demokratie. Unter der Leitung polnischer NROs wurden zahlreiche Projekte umgesetzt und verwirklicht. Nach Angaben der NRO Global Coalition against Daesh unterstützte Polen zwischen 2014 und 2019 „die gesamte Nahostregion mit einem Gesamtbetrag von 51 Millionen US – Dollar und leistete der Zivilbevölkerung die notwendige humanitäre Hilfe“.
Beispielsweise ist die Polnische Humanitäre Aktion (PAH), eine gemeinnützige Organisation, seit 2003 im Irak tätig. Diese NGO ist ein wichtiger Akteur bei der Bereitstellung von humanitärer Soforthilfe und bei der Durchführung langfristiger Entwicklungsprojekte. Sie hat im Irak Wasser -, Sanitär – und Hygieneprogramme (WASH) eingerichtet und damit direkt zur Verbesserung der Lebensbedingungen von Tausenden von Irakern beigetragen. Auch im Bildungsbereich trug die polnische Unterstützung eine entscheidende Rolle gespielt. Nichtregierungsorganisationen, wie die Polnische Humanitäre Aktion, setzten und setzen sich für die Renovierung von Schulen ein und sorgen für die Bereitstellung von Lehrmaterial. Diese Organisationen sorgen für die Ausbildung lokaler Lehrkräfte, um ein nachhaltiges Bildungsumfeld zu gewährleisten. Im Rahmen der Mission der Polnischen Humanitären Aktion im Irak wurden in Summe 16 Schulen im Gouvernement Babylon instand gesetzt.
Die humanitäre Hilfe Polens im Irak gewann insbesondere nach dem ISIS – Konflikt, der Millionen von Irakern zu Binnenvertriebenen machte, an Bedeutung. Diese Hilfe wurde für die Bereitstellung von Nahrungsmitteln, Unterkünften, sanitären Einrichtungen und Gesundheitsdiensten für die vertriebene Bevölkerung verwendet.
Speziell die zahlreichen ethnischen und religiösen Minderheiten im Irak waren häufig Opfer von Verfolgung und Gewalt. Zu den Ländern, die sich für diese gefährdeten Gemeinschaften engagieren, gehört eben auch Polen mit einem vielseitigen Ansatz, der Lobbyarbeit, gezielte Hilfe und Initiativen zur Förderung ihrer Rechte und ihres Wohlergehens umfasst.
Historisch gesehen existiert in Polen eine starke Tradition der religiösen Toleranz und des Pluralismus. Dieser Ethos erstreckt sich auch auf den polnischen Ansatz in Bezug auf Auslandshilfe und Diplomatie. Speziell im Irak war die polnische Unterstützung für mehrere Minderheitengruppen entscheidend, insbesondere für die Jesiden, Christen und Kurden. Für die Jesiden, eine religiöse Minderheit, die unter ISIS entsetzlich gelitten hatte, nahm die polnische Unterstützung verschiedene umfangreiche Formen an. Ein bemerkenswertes Beispiel ist die Initiative „Hilfe für den Irak“ der Polnischen Humanitären Aktion (PAH). Seit 2014 arbeitet die PAH daran, die vertriebenen jesidischen Gemeinschaften mit lebenswichtigen Gütern wie Lebensmitteln, Wasser und Hygienesets zu versorgen und gleichzeitig in Infrastrukturen wie Wasserversorgungsanlagen zu investieren.
Polens Unterstützung für die christlichen Gemeinschaften im Irak ist weithin anerkannt. Das Land setzte sich in internationalen Foren häufig für den Schutz der Christen ein und hebt dabei die Notwendigkeit von Religionsfreiheit und Schutz vor Verfolgung hervor. Vor Ort haben polnische Hilfsorganisationen den Wiederaufbau von christlichen Häusern und Kirchen unterstützt, die während des Konflikts zerstört wurden, insbesondere in der Region der Ninive – Ebene.
Die Kurden, eine der wichtigsten Minderheiten im Irak, profitierten ebenfalls von der polnischen Hilfe. Im Zuge des Konflikts mit dem ISIS benötigten viele intern vertriebene Kurden dringend humanitäre Hilfe. Polen reagierte hier nicht nur rasch und leistete sofortige Nothilfe, sondern unterstützte auch Projekte für längerfristige Stabilität und Entwicklung in der Region Kurdistan.
Polen engagiert sich auch beim Aufbau von Kapazitäten und der Entwicklung dieser Gemeinschaften. Dazu gehören beispielsweise Stipendien für Studenten aus Minderheitengruppen, die an polnischen Universitäten studieren, sowie Berufsbildungsprogramme und Austauschinitiativen, die ein besseres Verständnis und eine bessere Zusammenarbeit fördern sollen.
Durch den strategischen Ansatz stellt Polens Initiative im Irak ein Beispiel für ein engagiertes internationales Eingreifen dar. Durch den beträchtlichen militärischen Beitrag, seine zentrale Rolle bei der Demokratisierung und seine gezielte Entwicklungs – und humanitäre Hilfe hat Polen ein unerschütterliches Engagement für die Transformation des Irak geleistet. Der multidimensionale Ansatz Polens, der unter anderem die Zivilgesellschaft und die Unterstützung von Minderheitengruppen in den Vordergrund stellt, zeigt, dass die komplexen Facetten, die eine demokratische Gesellschaft ausmachen, anerkannt werden. Während der Irak die Herausforderungen des Wiederaufbaus und der Staatsbildung nach dem Konflikt meistert, wird sich die kontinuierliche Unterstützung und das Engagement von Nationen wie Polen zweifellos als unverzichtbar erweisen.
Obwohl Polens militärische Mission im Irak 2008 endete, beteiligt sich das Land weiterhin aktiv am Wiederaufbauprozess und der langfristigen Entwicklung des Landes. Die Polnische Humanitäre Aktion (PAH) ist weiterhin im Irak tätig und leistet Soforthilfe und langfristige Entwicklungshilfe.
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