Auf dem NATO – Gipfel in Vilnius, am 11. und 12. September, war der Hauptprotagonist war die Türkei, und nicht so sehr die Ukraine. Der türkische Staatspräsident trat frisch gestärkt durch seinen jüngsten Wahlsieg selbstbewusst auf und verlängerte die Spannung bezüglich der Entscheidung zur Zustimmung eines Schweden Beitritts in die NATO.
Recep Tayyip Erdoğan hat es geschafft das Wort Terrorismus neu zu definieren: jede Gruppe von Aufständischen sind Terroristen. In den Augen des TUR Staatspräsidenten ist die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) terroristisch, die Menschen, welche die PKK unterstützen sind Terroristen, der verhasste Fethullah Gülen und dessen Gefolgschaft waren Terroristen und auch die israelische Regierung verhielt sich immer wieder terroristisch. Um es genauer auf den Punkt zu bringen: Erdogan wirft mit diesen Behauptungen um sich und NATO – Mitglied widerspricht ihm öffentlich. Die NATO nimmt vielmehr eine öffentliche Trotzhaltung ein. Erdoğans Akzeptanz gegenüber einer schwedischen NATO – Mitgliedschaft wurde auch zu einer hochstilisierten Affäre. Bereits vor der offiziellen Eröffnung des North Atlantic Councils wurde eine Einigung über die Beitrittsanfrage Schwedens in Vilnius getroffen. Im Zuge dieser Einigung versprach der schwedische Premierminister, sämtliche Unterstützung für kurdische Gegner der türkischen Souveränität in der Osttürkei und deren Traum an einen eigenen Staat Kurdistan einzustellen. Das schwedische Parlament änderte im November sogar seine Verfassung, indem es mit einer Zweidrittelmehrheit abstimmte, um die Einführung neuer Gesetze zu ermöglichen, mit dem Zweck „die Vereinigungsfreiheit zu beschränken, wenn es um Vereine geht, die den Terrorismus unterstützen.“ Darüber hinaus versprach die schwedische Regierung sogar, die Waffenexporte in die Türkei wieder aufzunehmen.
Der Nahe Osten ist nach wie vor ein Anliegen für westliche Länder, aber die NATO – Mitgliedsstaaten sind sich uneins darüber, welches Ziel sie verfolgen. Natürlich erwähnte niemand der Anwesenden bei dem Gipfeltreffen in Vilnius Afghanistan. Diese Thematik wurde schlicht und ergreifend einfach vergessen. Auch wurde die Migrationskrise nicht als militärisches Problem dargestellt und wurde lediglich einmal im Abschlussstatement erwähnt. So ist es natürlich der Ukrainekonflikt und Erdoğan selbst, die all die Aufmerksamkeit auf sich ziehen.
Um Erdoğan innerhalb der beabsichtigten NATO – Zielsetzung im Hinblick auf den russischen Krieg gegen die Ukraine auf Kurs zu halten, ist man bei der NATO bereit, alles was nicht von wesentlicher Bedeutung ist, zu opfern. Wenn jemand irgendwo einen Quran verbrennt, hält dir komplette NATO sen Atem an und wartet auf den türkischen „Sultan“ und dessen Schuldspruch. Die großen und dominanten Akteure der NATO sollten lernen, aus der eigenen Stärke heraus zu verhandeln: Erdoğan sollte nicht seine Sefinition von Terrorismus auf die Allianz übertragen. Die NATO sollte in diesem Punkt standhaft bleiben, denn es ist gut einen gewissen Stolz zu haben – zumindest halb so viel Stolz wie Erdoğan selbst.
Erinnern wir uns daran, dass die ganze Welt die Entscheidungen der NATO beobachtet. Das Bündnis verfügt nur nicht über unzureichende öfdentliche Selbstreflektion und Fehlerkultur, es scheut sich auch nicht davor relative Erfolge in Bosnien und dem Kosovo als Erfolgsmodelle zu verkaufen. Der größte Erfolg des Bündnisses ist es zweifelsohne, Putin ins Zögern zu bringen, ohne eine panische Reaktion Russlands zu provozieren. Die Situation mit Russland ist weitaus komplexer als jene mit Erdoğan. Aus Sicht der NATO gibt es keinen Grund zu zweifeln, im Wissen, dass wenn man Erdogan auf NATO Linie bekommt dies den russischen Präsidenten im Kreml beeindruckend würde.
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