Agenten Teherans sollen zum Schein als Diplomaten in Deutschland und anderen europäischen Staaten akkreditiert sein, und zwar in der Botschaft der Islamischen Republik Irans in Berlin. Ein williger Helfer bei der Rekrutierung neuer Unterstützer der Mullah-Ideologie ist dabei das Islamische Zentrum Hamburg (IZH) mit seiner sogenannten Blauen Moschee.
Sicherheitsbehörden halten das IZH und die Blaue Moschee für eine Drehscheibe von Aktivitäten des iranischen Regimes in Deutschland und Europa. Von hier aus, so sieht es auch die deutsche Bundesregierung und die sie tragenden Parteien, werde zudem die Einschüchterung der Exilopposition organisiert. Zuletzt erhöhten Ermittler den Druck. Im letzten November durchsuchten Beamte bei einer Razzia das Zentrum, dessen Aus seit Jahren gefordert wird. Geschlossen aber wurde das IZH noch immer nicht.
Angesichts des eskalierten Konflikts zwischen Israel und Iran aber wächst nun erneut der Druck. Zu groß ist die Sorge, dass Irans Agenten in Deutschland etwa gegen jüdische Einrichtungen oder Vertreter vorgehen könnten. „Für das IZH darf auch deshalb kein Platz mehr in unserer Stadt sein. Ich hoffe, dass das Verbotsverfahren des Bundesministeriums für Inneres jetzt schnell und erfolgreich zum Abschluss gebracht wird“, so der sozialdemokratische Innenminister der zweitgrößten Stadt Deutschlands.
Die Grünen fordern ebenfalls Konsequenzen von Innenministerin Nancy Faeser (SPD). „Auch und gerade im Lichte der aktuellen Entwicklungen erwarte ich, dass umgehend alle rechtsstaatlichen Mittel ausgeschöpft werden, um das IZH und unterstützende Strukturen endlich zu verbieten und jegliche islamistische Aktivitäten zu unterbinden“, sagt der Vizechef der Grünen im deutschen Parlament und Vorsitzender des Parlamentarischen Kontrollgremiums (PKGr) der Geheimdienste. Die Ungeduld im Bundestag wächst fraktionsübergreifend, weil Union, SPD, Grüne und FDP in einem Entschließungsantrag unmittelbar nach dem Angriff der Hamas auf Israel im Oktober fraktionsübergreifend die Schließung des Zentrums gefordert hatten.  Die Innenministerin reagiert auf solche Kritik und sagt, die Ermittlungen gegen das IZH würden mit hoher Priorität geführt. Doch leicht ist es offenbar nicht, einen gerichtsfesten Beschluss zu erwirken. Noch immer werden intensiv Beweise gesichtet, der Ausgang gilt in Kreisen der Ermittler noch immer als offen.
Wie umtriebig das iranische Regime abseits des Zentrums in Deutschland längst ist und welche obskuren Helfer dabei ihre Finger im Spiel haben, zeigt ein anderer Fall. Wegen eines Brandanschlags in Bochum hatte das Oberlandesgericht Düsseldorf den 36-jährigen Deutsch-Iraner Babak J. im Dezember zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt (Az: 6 StS 1/23). Seit Kurzem liegt auch die schriftliche Urteilsbegründung vor – und die hat es in sich. Denn schwarz auf weiß belegt sie, dass die Regierung in Teheran bei einem Anschlag beteiligt war. Der Senat sei „aufgrund einer Gesamtschau der gewonnenen Erkenntnisse davon überzeugt“, dass der Täter „den Auftrag zu dem Anschlag auf die Synagoge (…) von einer staatlichen iranischen Stelle erhalten hatte“, heißt es in dem Papier. Die Attacke mit einem Brandsatz in Bochum, die im November 2022 eine Schule traf und einer Synagoge galt, gilt damit inzwischen auch als Wendepunkt im diplomatischen Ringen um neue Sanktionen. Gerade prüft die Europäische Union, ob das Urteil als Grundlage dafür dienen könnte, die Eliteeinheit des iranischen Militärs als Terrororganisation zu ächten. Die Reaktionsmöglichkeiten wären dann deutlich größer.
Exil-Iraner fürchten die langen Arme des Mullah-Regimes schon lange Vor allem die Umstände der Tat ermöglichen tiefe Blicke in die klandestine Steuerung aus Iran. Denn den Auftrag für die Tat erteilte ein wegen Mordes und Mordversuchs in Deutschland per Haftbefehl gesuchter früherer Angehöriger der Rockergang Hells Angels, der sich nach Iran abgesetzt hatte. Tatzeit, Tatort, selbst die Modalitäten der Ausführung habe der einst in Deutschland lebende früherer Hells Angel vorgegeben. Die Tat soll er dann intensiv überwacht haben. Das Ziel: Mit einem Brandanschlag auf die Synagoge von Bochum Verunsicherung in der deutschen Bevölkerung zu schaffen. Zwar ging der Plan nicht auf. Am 17. November 2022 schritt der später Verurteilte Babak J. zwar tatsächlich zur Tat, bekam aber in letzter Minute kalte Füße. Der Täter warf den Molotow-Cocktail offenbar wegen der starken Bewachung der Synagoge gegen eine benachbarte Schule. Die Ermittler lernten mit dem Fall so jedoch einiges über die Strukturen der Einflussnahme. Denn laut Gericht bekam der Mittelsmann aus dem Rocker-Milieu den Auftrag zu dem Anschlag auf die Synagoge von einer staatlichen iranischen Stelle.
Der lange Arm Teherans ist schon länger vor allem in der iranischen Opposition gefürchtet. Iranische Aktivisten im Exil berichten immer wieder, dass sie von Vertretern des Regimes bedrängt und eingeschüchtert werden. Oft setzt dabei der Sicherheitsapparat in Iran Familienangehörige unter Druck, die mit willkürlichen Verhaftungen bedroht werden. Nach Beginn der landesweiten Proteste in Iran infolge des Tods der Kurdin Jina Mahsa auf einem Polizeirevier in Teheran berichteten in Deutschland lebende Iraner von verstärkter Überwachung durch iranische Agenten. Manche von ihnen sollen zum Schein als Diplomaten in Deutschland und anderen europäischen Staaten akkreditiert sein. Die deutschen Sicherheitsbehörden erhielten damals Hinweise von ausländischen Partnern über Einreisen von Iranern, die nach ihren Erkenntnissen dem Sicherheitsapparat des Regimes angehörten.
Der deutlichste Beleg, dass Iran auch nicht zurückschreckt vor Gewalt gegen Regimegegner, ist der Fall von Asadollah A. Er war an der Botschaft in Wien als Diplomat akkreditiert. Ein Gericht in Antwerpen verurteilte ihn für einen vereitelten Sprengstoffanschlag auf eine Großkundgebung von iranischen Exil-Oppositionellen in Frankreich im Jahr 2018 zu 20 Jahren Haft. Assadollah A. sei für den Plan verantwortlich, die Veranstaltung des Nationalen Widerstandsrates in Villepinte bei Paris mit Tausenden Teilnehmern mit einem Sprengsatz anzugreifen, urteilten die Richter. Es war das erste Mal seit der Islamischen Revolution in Iran 1979, dass ein Regierungsmitarbeiter in der EU wegen Terrorismus vor Gericht stand und verurteilt wurde.
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