Eine „Trauerzeremonie für die heldenhaften Märtyrer General Qassem Soleimani und Abu Mahdi Al-Muhandis, die durch einen Terrorakt der USA ermordet wurden“, kündigte ein Plakat des „Islamischen Zentrums Imam Reza“ für den 9. Januar 2020 in Berlin an. In ähnlicher Weise mobilisierte auch die „Imam-Ali-Moschee“ in Hamburg die Anhänger des iranischen Regimes in Deutschland. Die „Islamische Gemeinschaft der schiitischen Gemeinden in Deutschland“ (IGS), ein Dachverband, dem nach eigenen Angaben etwa 150 Gemeinden angehören, buchstabierte die Verehrung für Soleimani noch weiter aus. „Nach islamischer Auffassung“, so die Stellungnahme der IGS, „haben die Opfer des Anschlages eine hohe Stellung bei ihrem Schöpfer erreicht – sie gelten nicht als tot, sondern sie sind Märtyrer und in der Trauer der Abertausenden von Menschen werden sie nochmals erhöht. Sie haben in und mit ihrem Leben dafür Zeugnis abgelegt, zu welchen friedensstiftenden Handlungen gläubige Menschen fähig sein können und mit ihrem gewaltsamen Tod bezeugen sie, wozu fehlgeleitete und menschenverachtende Individuen imstande sind.“
Export der „Islamischen Revolution“ iranischer Prägung
Der als Friedensstifter verehrte Soleimani war Kommandeur der Quds-Brigaden, einer vom Iran aufgestellten Schattenarmee, und Drahtzieher eines internationalen Terrornetzwerkes. Er baute irantreue militärische Milizen im Irak, in Syrien, im Jemen, im Libanon und in Gaza auf, darunter die Hisbollah und die Hamas. Sein Ziel war der Export der „Islamischen Revolution“ iranischer Prägung – und dies unter Einsatz aller Mittel. Dazu gehörte neben der Verbreitung iranischer Propaganda die Rekrutierung von „Freiwilligen“ für die asymmetrische Kriegsführung, die Finanzierung und Aufrüstung schiitischer Kampfverbände im Ausland und die Durchführung von Anschlägen. Nicht umsonst stand Soleimani auf der EU-Terrorliste. Sein Tod wurde von der iranischen Führung mit einem Akt der Staatstrauer beantwortet und der General zum Märtyrer stilisiert.
Das passt zur üblichen Rhetorik des Regimes. Dass ihm auch in Deutschland von iranischen Organisationen gehuldigt wird und man die Blutspur, die Soleimani im Nahen und Mittleren Osten hinterließ, tatsächlich als Friedensaktivitäten umdeutet, muss allerdings bedenklich stimmen. Problematisch ist vor allem, dass diese Gruppierungen in vielfältiger Weise als Partner des Staates geadelt werden.
Theokratie mit scheindemokratischen Elementen
Wer sind die schiitischen Organisationen, die in Deutschland als Vorfeldorganisationen des iranischen Regimes in Erscheinung treten? An erster Stelle wäre das „Islamische Zentrum Hamburg e. V.“ (IZH) und die vom IZH geleitete „Imam-Ali-Moschee“ an der Außenalster zu nennen. Das Bundesamt für Verfassungsschutz schrieb, dass der Leiter des IZH als Vertreter des ,Revolutionsführers‘ der Islamischen Republik Iran in Deutschland gelte und die Aktivitäten des IZH darauf ausgerichtet seien, die islamische Lehre schiitisch-iranischer Prägung in Deutschland und Europa zu verbreiten. Diese Lehre bedeutet, seit Ayatollah Khomeini im Jahr 1979 im Iran die Macht übernommen hatte, die Unterordnung von Staat und Gesellschaft unter eine totalitäre Variante des Islam.
Das politische System lässt sich als Theokratie mit scheindemokratischen Elementen bezeichnen, die dem Klerus alle Macht im Staat überantwortet. Khomeini selbst ließ sich zum lebenslangen obersten religiösen und politischen Führer des Landes sowie zum Oberbefehlshaber des Militärs ernennen. Seit seinem Tod hat sein Schüler Ayatollah Khamenei diese Ämter inne. Paramilitärische Revolutionsgarden und andere Milizen, die mittlerweile den Großteil der Wirtschaft beherrschen, sichern das System ab. Oppositionsbewegungen werden mit äußerster Brutalität bekämpft. Bei Protesten Ende 2019 wurden Hunderte, wahrscheinlich sogar mehr als 1 000 Menschen getötet. Seit Jahren verfolgt man besonders Frauen, die sich gegen den Verschleierungszwang wehren. Die Anwältin Nasrin Sotoudeh, die diejenigen verteidigte, die ihr Kopftuch ablegten, wurde 2016 zu 5 Jahren und 2019 zu weiteren 33 Jahren Haft und 148 Peitschenhieben verurteilt.
Der erklärte Feind des Regimes, das sich gern als Vorbild für die gesamte islamische Welt empfiehlt, ist der Westen, dabei besonders die als „großer Satan“ bezeichneten USA und Israel. Regelmäßig verkünden iranische Führer, Israel sei ein „Krebsgeschwür“, das man „ausmerzen“ müsse und bekunden ihren festen Willen, das Land zu vernichten. Die Aufrüstung des Nahen Ostens, für die Soleimani verantwortlich zeichnete, dient explizit diesem Ziel. Um weltweit zur Vernichtung Israels aufzurufen, schuf Khomeini den sogenannten Qudstag. Quds ist der arabische Name Jerusalems, und der Qudstag, der stets am Ende des Fastenmonats Ramadan begangen wird, soll Muslime darauf einschwören, Jerusalem zu erobern.
Der Anlass wird gewöhnlich mit Demonstrationen, dem Verbrennen von israelischen Fahnen und martialischen Parolen begangen. Auch in Deutschland, konkret in Berlin, und häufig unter Teilnahme von Führungsmitgliedern des „Islamischen Zentrums Hamburg“, der „Imam-Ali-Moschee“ sowie zahlreicher Ortsvereine der „Islamischen Gemeinschaft der schiitischen Gemeinden in Deutschland“. Eines davon ist das bereits erwähnte „Islamische Zentrums Imam Riza“ in Berlin, dessen Leiter Sabahattin Türkyilmaz bereits mehrfach wegen antisemitischer Reden in die Kritik geraten ist. In Predigten verkündete er außerdem, dass man nicht gleichzeitig Demokrat und gläubiger Schiit sein könne und bekundete seine Sympathien für die Hisbollah. Ein anderer Mitgliedsverein ist der „Islamische Weg“ in Delmenhorst. Der Vorsitzende Yavuz Özogus schwadroniert von einem islamischen Reich, das von Delmenhorst bis Islamabad reicht und verbreitet über mehrere Medien iranische Propaganda. Eine Reihe von Internetportalen, die sich beispielsweise „Islamisches Erwachen“ oder „Israel ist illegal“ nennen, unterstützt diese Propaganda und bietet iranischen Hardlinern eine Plattform in deutscher Übersetzung.
Islamistische Akteure mit Macht und Anerkennung ausgestattet
Darüber hinaus warnen Sicherheitsdienste vor der Unterstützung von Terrororganisationen, die über rhetorische Sympathiebekundungen hinausgehen. Nach Angaben des von Extremismus-Experten sind das „Islamische Zentrum Hamburg“, das „Islamische Zentrum Imam Reza“ in Berlin, das „Imam Mahdi-Zentrum“ in Münster und die „Al-Mustafa-Gemeinschaft“ in Bremen von der Hisbollah infiltriert, einer Gruppe, deren vollständiges Verbot im Bundestag gerade beschlossen wurde. Angesichts solcher Befunde ist es unverständlich, dass das IZH in Hamburg Mitglied der Schura ist, mit dem die Freie und Hansestadt einen Staatsvertrag abgeschlossen hat. Doch nicht nur Hamburg stattet problematische islamistische Akteure mit Macht und Anerkennung aus. Der Delmenhorster „Islamische Weg“ gehört der Schura Niedersachsen an und der schiitische Dachverband IGS wurde durch einen Vertreter in den wissenschaftlichen Beirat des Instituts für islamische Theologie an der Humboldt-Universität bestellt.