Die Bilder in vielen Schulen Europas ähneln sich: Jugendliche vor Lehrern, umzingeln diese, sprechen islamische Gebete und rufen laut „Allahu akbar“, in einer Schweizer Schule zeigt ein aus Ägypten stammender Siebenjähriger den Hitlergruß und erklärt, Juden müssten sterben. Kurz davor weigerte er sich, im Gruppenunterricht gemeinsam das Judentum zu thematisieren. Mädchen, die sich im deutschen Rheinland für Karneval geschminkt haben, bekommen von Jungen zu hören, dass Schminken „haram“ sei – nicht erlaubt, nach islamischen Glaubensvorschriften. Ein Lehrer wird in Österreich von „Haram“-Rufen unterbrochen, als er ein Weihnachtslied singen möchte.
An einer deutschen Schule haben sich Schüler als Scharia-Polizei aufgespielt haben. Sie sollen sich für strenge islamistische Regeln ausgesprochen und andere muslimische Mitschüler extrem unter Druck gesetzt haben – ähnlich der islamischen Religionspolizei, die in Ländern wie dem Iran strenge Verhaltensvorschriften durchsetzt. Die Schüler sollen unter anderem gefordert haben, dass sich alle Frauen an der Schule bedecken und dass eine strikte Geschlechtertrennung eingeführt wird. Auch Gebetsräume und Folter sollen die vier jungen Männer befürwortet haben. Ihre Ansichten haben die Schüler auch über Klassenchats verbreitet. Einem Lehrer sollen sie außerdem gesagt haben, dass sie die Demokratie ablehnen.
Ein Mädchen in Frankreich, das das Kopftuch ablegen wollte, wurde als Schlampe beschimpft. Lehrer erzählen dort von Schülern, die andere Muslime kritisieren, weil sie Kalbsbratwürste auf die Exkursion mitnehmen, Jungen lehnen es ab, mit Mädchen Theater zu spielen, Lehrerinnen werden als „Schlampe“ und „Hure“ beschimpft. Wenn der Holocaust thematisiert wird, sagen Schüler: „Die Juden haben es verdient.“
Jüngst werden besonders junge Juden werden in Schulen gemobbt. „Fuck Israel and Free Palestine“, rufen Jugendliche zu ihren jüdischen Mitschülern. Gerade solche Fälle werden derzeit oft geschildert, in Medien bis hin zu Antisemitismusberichten. Spätestens seit dem 7. Oktober stellt sich die Frage, wie weit Antisemitismus und religiöser Fundamentalismus an Schulen verbreitet ist – und ob das Richtige dagegen getan wird. Die Reaktionen von Politikern, Fachstellen und Bildungsinstitutionen wirken oft hilflos.
Der Antisemitismus, der sich derzeit überall in der Gesellschaft offenbart, ist längst nicht nur unter Muslimen verbreitet. Aber er wird, wie sich in Schulen zeigt, durch die Zuwanderung aus islamischen Ländern verstärkt, in denen Hass auf Juden und Israel eine Art Staatsdoktrin ist. „Antisemitisches Mobbing hat seit dem 7. Oktober massiv zugenommen. In allen mir bekannten Fällen ging es von Muslimen aus“, so Schulpädagoge. Ihm sind 25 Fälle von antisemitischem Mobbing in Frankfurt am Main bekannt, die so gravierend waren, dass die Betroffenen die Schule verlassen haben. „Die Täter sind zum grössten Teil männliche Schüler, rund 60 Prozent haben einen muslimischen Hintergrund.“
Islamistische Tendenzen sind ein Problem, das nicht nur mit Terror zu tun hat. Der mörderische Jihadismus, dem sich Attentäter verschrieben haben, wird von moderateren Islamisten abgelehnt. Weil sie religiöse Gesetze über rechtsstaatliche Prinzipien und demokratische Werte stellen und die offene Gesellschaft verachten, sind jedoch auch „Gemässigte“ wie die Muslimbruderschaft eine Bedrohung für unsere Gesellschaften.
In Schulen zeigt sich diese Besinnung auf einen strengen Islam vor allem in Quartieren, in denen Schüler aus der Türkei, Syrien, Afghanistan, Pakistan, Albanien oder dem Maghreb eine starke Minderheit oder eine Mehrheit bilden. Lehrer, die in solchen Quartieren arbeiten, berichten von wenigen Rädelsführern, die einen grossen Einfluss auf andere Muslime und die ganze Klasse haben können.
In Frankreich warnten Pädagogen bereits vor 20 Jahren vor islamistischen Eiferern. Schüler würden Lehrerinnen und Mädchen einschüchtern, auf Gebetsräume und andere Sonderwünsche bestehen und die Evolutionstheorie ablehnen. Jüdische Kinder müssten massenweise die öffentliche Schule verlassen, weil sie gemobbt, bedroht und geschlagen würden.
Der deutsche Lehrer und grüne Politiker Kurt Edler kreierte vor einigen Jahren den Begriff «konfrontative Religionsbekundung», um das Gebaren mancher Schüler zu beschreiben. Gemeint ist religiös motiviertes Verhalten, das Aufmerksamkeit erregen soll, provozieren will und andere erniedrigt. Etwa indem Schüler muslimische Mädchen zum Tragen von religiösen Symbolen auffordern, Kameraden mobben, Lehrerinnen abwerten und offensiv ihren Glauben zelebrieren, mit Gebeten und „Haram“-Verdikten. 2021 kam der staatlich geförderte „Verein für Demokratie und Vielfalt“ in einer Studie zu dem Schluss, dass konfrontative Religionsbekundung in Quartieren wie Berlin-Neukölln weit verbreitet sei.
Darunter zu leiden hätten oft Migranten, die im Umfeld von Familien und Moscheen lebten, in denen ein konservativer oder radikaler Islam vorgelebt werde. Schulen in diesem Umfeld, so ist dem Bericht zu entnehmen, könnten einen Nährboden für Radikalisierung bieten. Die Forschung ziehe es jedoch vor, „einschlägige Opfernarrative“ zu bestätigen, statt sich mit der objektiven Gefährdung durch Islamisten zu befassen. So werde die Hinwendung zu radikalem Gedankengut gerne mit „Diskriminierung“ oder mit einer angeblichen Islam- und Muslimfeindlichkeit der Mehrheitsgesellschaft erklärt. Wer sich kritisch mit dem Thema konfrontative Religionsbekundung beschäftige, gerate dagegen schnell unter Verdacht, Muslime zu diskriminieren und rechtspopulistische Stimmungsmache zu betreiben. Damit entstehe ein blinder Fleck in der Präventionsarbeit.
Das Phänomen des religiös motivierten Dominanzgehabes wird dagegen verdrängt, Antisemitismus heruntergespielt. Indem Politiker, Aktivisten und Pädagogen oft in einem Atemzug von „Antisemitismus und antimuslimischem Rassismus“ sprechen, verwischen sie eine wesentliche Ursache des gegenwärtigen Judenhasses. Desintegration und extremistische Tendenzen werden damit eher gefördert als bekämpft. Pädagogen empfehlen Schulleitungen, sie müssten bei religiös motiviertem Mobbing sofort einschreiten.
Alle Veröffentlichungs- und Urheberrechte sind dem MENA Research Center vorbehalten.