Die Vereinigten Arabischen Emirate und Katar sind seit Jahren verfeindet. Die Emirate betrachten den Nachbarn als wirtschaftlichen Konkurrenten, zudem sehen sie die katarische Unterstützung der Muslimbruderschaft aus nachvollziehbaren Gründen als Bedrohung. Glaubt man nun den Recherchen einiger westeuropäischer Medien, soll eine in der Schweiz ansässige Detektei im Auftrag von Abu Dhabi „Verdächtige“ überwacht, dem Geheimdienst der Emirate gemeldet und zum Teil mittels Desinformation öffentlich diskreditiert haben, etwa mit unvorteilhaften Wikipedia-Einträgen.
Noch vor wenigen Monaten war Katar ein beliebtes Ziel für mediale Angriffe aus dem Westen. Plötzlich fiel Journalisten auf, dass die Fussball-Weltmeisterschaft in einem Land ausgetragen wurde, das nicht viel von Menschenrechten, Diversity und LGBTQ+-Flaggen hält. „Die Welt zu Gast bei Despoten“, schrieb beispielsweise das deutsche Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“. Nun soll Katar in einem ganz anderen Licht erscheinen, nämlich als Opfer einer internationalen Schmutzkampagne, bei der Journalisten und europäische Wissenschafter mitgewirkt haben sollen. Auch die radikal-islamistische Muslimbruderschaft, die von Katar mit gefördert wird, soll Ziel dieser Intrige sein. So haben verschiedene Medien, darunter die Schweizer RTS, die linksalternative französische Plattform Mediapart, der New Yorker und der deutsche Spiegel interne Dokumente erhalten, die gestohlen oder geleakt wurden. Sie stammen aus dem Genfer PR- und Detektivbüro Alp Services – einer Agentur, die im Umfeld von privaten Ermittlern und Geheimdiensten agiert.
Aus den geleakten Dokumenten soll hervorgehen, dass Alp Services versucht habe, Dutzende Organisationen und Personen in die Nähe von Katar, der Muslimbruderschaft und von Terroristen zu rücken, es soll sich bei dem Datenkonvolut um 70.000 Dokumente handeln. Drahtzieher im Hintergrund sollen demnach die Vereinigten Arabischen Emirate und deren Präsident Mohammed bin Zayed sein, welche die Dienste von Alp Services mit 5,7 Millionen Euro finanziert haben sollen.
Der deutsche Spiegel suggeriert beispielsweise in seinem Bericht, es gehe um Hunderte Betroffene, auch in Deutschland und in der Schweiz. Konkrete, nachprüfbare Beispiele nennt er jedoch wenige. Als Opfer wird unter anderem der Unternehmer H.N. erwähnt, er ist Sohn eines Bankiers und bekennenden Muslimbruder, der sich selbst als „Aussenminister“ der islamistischen Bewegung bezeichnete. N. soll als Terrorfinancier angeschwärzt worden sein, obwohl er im Gegensatz zu seinem Vater unpolitisch sei. Es fällt auch der Name Tarik Ramadan, der sich in den Berichten von Alp Services falsch dargestellt fühle. Ramadan vermute, er sei bloss ins Visier der Emirate und ihrer Genfer Gehilfen geraten, weil er den arabischen Frühling unterstützt habe. Ramadan ist einer der bekanntesten Aktivisten aus dem Umfeld der Muslimbruderschaft. In Katar wird er hofiert und den arabischen Frühling hat Ramadan wie Katar nur deshalb unterstützt, weil er auf einen Sieg der Muslimbrüder hoffte. Er ist nicht das einzige „Opfer“ in dieser Geschichte, die mehr Fragen als Antworten aufwirft.
Die sogenanntenEnthüller der „Abu Dhabi Secrets“ lassen es nicht dabei bewenden, die Methoden von Alp Services und der Vereinigten Arabischen Emirate aufzuzeigen. Vielmehr erhält man bei der Lektüre ihrer Artikel den Eindruck, dass die Umtriebe von Katar und der Muslimbruderschaft in Europa kein reales Problem sind, sondern allesamt bösartige Erfindungen.
Dabei sind zahlreiche islamische Organisationen in Europa von der Muslimbruderschaft beeinflusst oder mit ihr verbandelt. In diesem Milieu wird islamistischer Terror verharmlost, gegen Juden gehetzt und die Unterdrückung von Frauen legitimiert. Allein die katarische Organisation Qatar Charity hat in Europa über hundert Millionen Euro in Moscheen, Museen und andere Institutionen gesteckt, welche die fundamentalistische Ideologie der Muslimbrüder verbreiten. MENA Research Center berichtete bereits ausführlich über die dubiosen Machenschaften der islamistischen Bewegung. Es ist ein rhetorisches Mittel und nicht vereinbar mit grundsätzlichen journalistischen Regeln, wenn das deutsche Magazin „Der Spiegel und andere Medien das weltweit tätige Hilfswerk Islamic Relief als prominentes „Opfer“ des Komplotts darstellen und dabei Antisemiten in Schutz nehmen. Islamic Relief ist in Israel verboten worden, weil die Organisation beschuldigt wird, die Terrororganisation Hamas zu finanzieren. Die Hamas wird von Katar unterstützt und gilt als Ableger der Muslimbruderschaft.
„Der Spiegel“ zum Beispiel beschreibt die Muslimbruderschaft als „weltweite Bewegung des politischen Islam. Ihr Ziel ist die Errichtung eines Staates auf Basis islamischer Prinzipien.“ Das ist eine Beschreibung, die aus einem PR-Büro stammen könnte. Denn Vordenker der Muslimbruderschaft wie der kürzlich verstorbene Jusuf al-Karadawi waren rabiate Frauenfeinde, Schwulenhasser und Antisemiten, die den Holocaust und Adolf Hitler feierten. Ihr Ziel war und ist die Errichtung einer Theokratie mit pseudodemokratischem Anstrich.
Islamic Relief bestreitet das, ebenso bestreitet man jegliche Verbindung zur Muslimbruderschaft. Die deutsche Bundesregierung erklärte jedoch 2019 aufgrund einer Anfrage der Liberalen, dass Islamic Relief Worldwide und Islamic Relief Deutschland über „signifikante personelle Verbindungen zur Muslimbruderschaft oder ihr nahestehende Organisationen“ unterhalte. Im „Spiegel“ wird das nur am Rand erwähnt, im „New Yorker“ erfährt man es überhaupt nicht. Dafür behauptet das Magazin, Islamic Relief sei nur humanitär, aber keineswegs politisch tätig und niemand habe je etwas anderes beweisen können.
Im Jahr 2020 geriet Islamic Relief international in die Kritik, weil mehrere Führungskader der Foundation als Judenhasser und Terroristen-Freunde aufflogen. „Legt die Leichen der Juden auf die Gipfel der Berge, damit kein Hund in Palästina Hunger leiden muss“, hatte einer von ihnen 2015 geschrieben, nachdem Palästinenser in Jerusalem drei Israeli massakriert hatten. Auf Facebook wurde ein Text zitiert von einem Gründer der Al-Kaida, der die islamistischen Massenmorde in Paris 2015 mit Verweis auf die europäischen Kolonialverbrechen rechtfertigte. Ein anderer feierte 2014 die Hamas und beschimpfte Juden als Söhne von Affen und Schweinen. Und der Mitgründer von Islamic Relief Worldwide und Präsident des Schweizer Ablegers von Islamic Relief verglich Hasan al-Banna, den Gründer der Muslimbruderschaft, mit Nelson Mandela. Diese und andere Äusserungen waren der Hauptgrund dafür, dass einige europäische Länder ab 2020 ihre Zahlungen an Islamic Relief einstellten.
Alp Services war nur zum Teil für die Enthüllungen im Fall Islamic Relief verantwortlich. Vor allem bleibt schleierhaft, was das an der Qualität der Erkenntnisse über dieses angeblich unpolitische Hilfswerk ändern soll. Zum apologetischen Charakter der „Abu Dhabi Secrets“-Berichterstattung passt, dass auch renommierte Wissenschafter und Journalisten, die sich mit Islamismus beschäftigen, in die Nähe von Spionen und Verleumdern gerückt oder gar als „Islamverfolger“ an den Pranger gestellt werden. Dies, weil sie mit Alp Services Informationen austauschten und zum Teil für Recherchen bezahlt wurden.
Der Wissenschaftler Vidino, ein Experte auf dem Gebiet der Muslimbruderschaft, betont, er hätte nicht gewusst, dass Alp Services im Auftrag der Vereinigten Arabischen Emirate gehandelt habe, es gibt ein Dokument, aus dem hervorgeht, dass er von Alp Services über den wahren Auftraggeber getäuscht wurde. Hätte er es gewusst, hätte er auf eine Zusammenarbeit verzichtet. Zumal versteht er nicht, was das an der Verlässlichkeit ihrer Recherchen ändere. Tatsächlich kann man sich fragen, ob es klug ist von seriösen Wissenschaftern und Journalisten, mit einem Büro zusammenzuarbeiten, das schon vor den „Abu Dhabi Secrets“ wegen seiner abenteuerlichen Methoden bekannt war. Da Vidinos Recherchen Verbindungen aufdecken, ist er im Kreis der Muslimbruderschaft und ihrer Sympathisanten nicht sonderlich beliebt. Deswegen versucht man ihn seit Jahren als Rechtsextremen und Feind aller Muslime zu diffamieren. Offensichtlich mit Erfolg. So behauptet der New Yorker in seinem von Weglassungen gespickten Bericht über die „Abu Dhabi Secrets“, der Wissenschaftler verbreite Verschwörungstheorien über die Muslimbruderschaft, und er sei ein antimuslimischer Aktivist.
Als Quelle für diese Charakterisierung nennt das Magazin die „Bridge Initiative“ der Georgetown University – eine von pseudowissenschaftlichen Sympathisanten der Muslimbruderschaft geprägte Institution, die verleumderische „Fact Sheets“ über angebliche Islamfeinde verbreitet. Einer der Apologeten dieser nicht der Universitä zugehörigen Privat-Institution ist der österreichische Politikwissenschaftler Fared Hafez, der den jährlichen „Islamophobia Report“ herausgibt. Die SETA-Foundation als Hauptsponsor des Reports ist eine sehr nahestehende PR-Maschinerie des türkischen Präsidenten Erdogan und seiner AKP.
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