Österreich und Deutschland werden von der Hamas als Rückzugsraum betrachtet, in dem die Organisation sich im Verborgenen darauf konzentriert, Spendengelder zu sammeln und Personen zu rekrutieren. Die EU hat die Hamas als Terrororganisation eingestuft. Der Europäische Gerichtshof hat diese Einstufung bestätigt. In Deutschland soll die Hamas mit einem Betätigungsverbot belegt werden, um ihre Aktivitäten zu unterbinden. Solch ein Verbot wurde bereits gegen den sogenannten Islamischen Staat erlassen.
„Seit Jahren kann man beobachten, dass Organisationen, die der Hamas zugeordnet werden, in Europa Konferenzen veranstalten und Demonstrationen koordinieren, ohne dass dies für große Aufmerksamkeit sorgt. Es wird Zeit, dass die Sicherheitsbehörden diese Organisationen aus der Deckung holen und ihre Aktivitäten unterbinden“, so das American Jewish Committee (AJC) Berlin, welches sich seit Jahren mit den Strukturen der Hamas beschäftigt.
In Österreich sind Symbole der Hamas verboten. Offizielle Organisationen oder Vereine, die verboten werden könnten, gibt es nicht. Sicherheitsbehörden bestätigen jedoch, dass die Hamas in der Alpenrepublik aktiv ist. Für den Verfassungsschutz in Wien ist sie ein Ableger der Muslimbruderschaft und „die österreichische Muslimbruderschaft unterstützte die Hamas finanziell“, heißt es in einer offiziellen Stellungnahme des Verfassungsschutzes.
Demonstrationen in Wien wurden bislang „vom Verfassungsschutz beobachtet und laufend bewertet“, heisst es bei der Polizei. Veranstalter der pro-palästinensischen Versammlungen ist ein Vertreter der Palästinensischen Gemeinde Österreichs auf. Der Gewaltaufruf gegen Israel, der zur Untersagung der Demo letzte Woche geführt hat, ist auf in sozialen Netzwerken kursierenden Einladungen zur neuen Kundgebung verschwunden. Dafür befindet sich auf dem Flyer das Bild eines Bulldozers, der den Gaza-Grenzzaun durchbricht. Mit dieser Aktion hatte der Hamas-Angriff auf die Zivilbevölkerung in Israel begonnen.
Die Polizei löste eine Kundgebung vergangene Woche auf dem Stephansplatz nicht auf, obwohl sie aus Sicherheitsgründen untersagt worden war. Vielmehr wurden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer eingekesselt, um zu verhindern, dass sie eine zur gleichen Zeit stattfindende Trauerkundgebung der Israelitischen Kultusgemeinde auf dem Ballhausplatz stören könnten. Bei der Pro-Palästina-Demo wurden mehr als 300 Anzeigen erstattet, die meisten davon wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz. Außerdem führte die Polizei hunderte Identitätsfeststellungen durch.
Bei heiklen Kundgebungen achten Staatsschutz und Polizei auch generell darauf, ob verbotene Gegenstände mitgeführt werden. Im Fall von Pro-Palästina-Kundgebungen sind das etwa Symbole oder Flaggen der in der EU als Terrororganisation eingestuften Hamas sowie der verbotenen Muslimbruderschaft. Verstöße werden mit bis zu 4.000 Euro geahndet, im Wiederholungsfall sogar bis zu 10.000 Euro.
In Deutschland wiederum hat die deutsche Innenministerin sich für die Ausweisung von Unterstützern der islamistischen Terrororganisation Hamas aus Deutschland ausgesprochen. „Wir werden alle rechtlichen Möglichkeiten zur Ausweisung von Hamas-Unterstützern nutzen“, sagte die Ministerin Faeser. Sie betonte, der Schutz von Juden und von jüdischen Einrichtungen in Deutschland sei „nochmals verstärkt“ worden.
„Wenn jemand, der auf deutschen Straßen die Hamas feiert, nicht die deutsche Staatsbürgerschaft hat, dann sollte er aus Deutschland ausgewiesen werden“, sagte der Vorsitzende der deutschen Sozialdemokratie, Lars Klingbeil. Man werde alle Maßnahmen ausschöpfen, die der Rechtsstaat bietet. „Wir sind gerade dabei, das Staatsbürgerschaftsrecht zu reformieren: Die Einbürgerung ist das stärkste Bekenntnis zu unserem Land. Wer unsere Werte nicht teilt, wer Antisemitismus und Terror unterstützt, dem wird der deutsche Pass verwehrt“, so wird er noch konkreter. Wer die Verbrechen der Hamas verherrliche, mache sich strafbar. Von den muslimischen Verbänden in Deutschland fordern deutsche Politiker eine klare Positionierung. „Es muss ein demokratischer Konsens in unserer Gesellschaft sein, dass wir den barbarischen Terror der Hamas verurteilen. Das erwarte ich auch von allen muslimischen Verbänden in Deutschland.“
In mehreren deutschen Städten waren geplante Demonstrationen wegen Sicherheitsbedenken, möglicher antisemitischer Ausrufe oder Gewaltverherrlichung verboten worden. Trotz Versammlungsverbots kamen etwa 1.000 propalästinensische Demonstranten am Wochenende auf dem Potsdamer Platz in Berlin-Mitte zusammen. Es habe sich um eine „verbotene Ersatzversammlung“ für eine zuvor untersagte Kundgebung gehandelt, sagte ein Polizeisprecher. Die Polizei rief die Demonstranten nach eigenen Angaben zunächst erfolglos mit Durchsagen auf Deutsch und Arabisch dazu auf, den Platz zu verlassen. Anschließend seien die „Rädelsführer“ aus der Menge geholt worden. Die Demonstranten hätten den Versammlungsort schließlich in kleineren Gruppen verlassen.
Für viele Politiker stellt man sich nun die Frage, wie man juristisch gegen diese Versammlungen vorgehen kann. Es geht hier ja nicht nur um das Feiern terroristischer Akte und dem Verbreiten antisemitischer Propaganda, sondern auch um den Schutz von Jüdinnen und Juden. In Österreich und Deutschland gibt es mittlerweile Warnungen an die jüdische Bevölkerung, in der Öffentlichkeit keine jüdischen Symbole zu tragen. Die Gefahr für physische Gewalt und Beschimpfungen an öffentlichen Plätzen sei zu groß für die Juden.
Der deutsche Paragraf 140 des Strafgesetzbuchs verbietet die „Billigung“ von Straftaten, wenn es „in einer Weise“ geschieht, „die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören“. Selbst wenn die Attacke der Hamas auf Israel womöglich nicht den Tatbestand eines Angriffskriegs erfüllen sollte, dann handelt es sich jedenfalls um Terrortaten. Und am Beispiel der Terrorattacken auf das World Trade Center am 11. September 2001 haben Gerichte entschieden: Diese sind so gewichtig, dass es für ein Verbot der „Billigung“ auch hierzulande genügt.
Die Abschiebung von Unterstützern der Terrorakte durch die Hamas in Deutschland ist hingegen schwieriger. Entsprechende Forderungen werden jetzt von der Politik in Berlin laut, beispielsweise könnten die Vorschriften des Ausländerrechts geändert werden. Jegliche Solidarisierung hierzulande mit Terrororganisationen wie der Hamas oder auch der libanesischen Hisbollah müsse eine harte und konsequente Antwort bekommen. Zumindest für diejenigen, die keinen deutschen Pass besitzen könnte Paragraf 54 des Aufenthaltsgesetzes ein probates Mittel sein: Wenn ein Ausländer „Verbrechen gegen den Frieden, gegen die Menschlichkeit, ein Kriegsverbrechen oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt“, dann kann er erleichtert ausgewiesen werden. Eine Abschiebung ist aber natürlich nur denkbar, wenn ein Land die betreffende Person aufnimmt. Das ist im Fall der palästinensischen Gebiete und teils auch Libanons äußerst schwierig. Die Erfolgsaussichten für deutsche Ausländerbehörden sind sehr gering.
Was ist nun mit einem generellen Verbot der Pro-Hamas-Versammlungen? Die Versammlungsgesetze der 16 Bundesländer in Deutschland bieten dafür eine Handhabe. Beispielsweise in Berlin heißt es in Paragraf 14: „Eine Versammlung kann insbesondere verboten, beschränkt oder nach deren Beginn aufgelöst werden“, wenn dabei zu Hass oder Gewalt gegen eine „nationale Gruppe“ aufgestachelt wird. Das Bundesverfassungsgericht verlangt in solchen Situationen hohen Respekt für die Meinungsfreiheit. Der pauschale Verweis darauf, bei Versammlungen eines bestimmten politischen Spektrums komme es regelmäßig zu Straftaten, reiche nicht schon aus, so hat das Gericht oft bekräftigt. Speziell in Berlin gibt es inzwischen aber langjährige Erfahrungen mit propalästinensischen Protesten. Dort fanden jahrelang rund um den 15. Mai Demonstrationen statt, die als „Al-Quds-Tag“ bekannt waren und an die sogenannte Nakba erinnerten, also die Vertreibung einer großen Zahl von Palästinensern aus dem ehemaligen britischen Mandatsgebiet Palästina im Jahr 1948. Aufgrund einer Vielzahl antisemitischer, strafbarer Äußerungen bei diesen Demos verhängte das Land Berlin schließlich 2022 erstmals ein Verbot – und gewann den Rechtsstreit durch alle Instanzen.
Die Vereine, die antiisraelische Propaganda in ihren Communities verbreiten, könnten theoretisch ebenfalls rechtmäßig verboten werden. Der Antisemitismusbeauftragte von Berlin hat nach der Hamas-Jubelfeier in Neukölln ein Verbot von Vereinen gefordert, die Judenhass verbreiten. „Ohne organisatorische Strukturen wäre das in diesem Ausmaß nicht denkbar, es bedarf dringend Vereins- und Betätigungsverboten“. Zuständig wäre hier das deutsche Innenministerium. Vereine können gemäß Artikel 9 Absatz 2 des Grundgesetzes dann verboten werden, wenn ihre Zwecke oder ihre Tätigkeiten den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung richten. Der Blick richtet sich jetzt insbesondere auf das Netzwerk Samidoun. Der Verein, der sich für palästinensische Gefangene in israelischer Haft einsetzt, wurde 2011 in den USA gegründet und kam 2012 auch nach Deutschland. Besonders in Berlin treten die etwa 100 Anhänger immer wieder lautstark in Erscheinung, wie der Verfassungsschutz schreibt: „Hierbei kam es regelmäßig zu antisemitischen Bekundungen und Forderungen etwa nach einer Zerschlagung des Staates Israel.“
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